Im Gegensatz zu 1914-1918 bleibt die Gendarmerie während der zweiten Besetzung auf belgischem Gebiet aktiv, denn Sie würde diese Zeit nicht unbeschadet überstehen. Das Korps wurde verstärkt, spezialisiert, "eingespannt" und politisiert. Die Reformen wurden unter deutschem Druck durchgeführt, waren aber hauptsächlich das Werk der belgischen Behörden: Gérard Romsée (Vlaams Nationaal Verbond, VNV), Generalsekretär des Innenministeriums, und Oberst Van Coppenolle, ab Februar 1943 Chef des Korps. Die Änderungen entsprachen einer Reihe von fachlichen Kriterien, wie z. B. der Notwendigkeit, sich zu modernisieren oder zielgerichteter zu arbeiten, aber andere waren rein ideologisch.
Es dauerte einige Zeit, bis ein Übereinkommen bezüglich des Rahmens gefunden wurde, in dem die Gendarmen in Belgien arbeiten würden. Sie waren hin- und hergerissen zwischen ihren beruflichen und patriotischen Verpflichtungen: Wie sollten sie mit Sicherheit wissen, ob die verhaftete Person ein Mitglied des Widerstands oder ein gewöhnlicher Krimineller war. Wie geht man mit dem so genannten "Lebensmittelbetrug" um, der für die Betroffenen schlichtweg eine Überlebensfrage ist? Es ist unmöglich, ein allgemeines Bild von der Tätigkeit der Gendarmerie zu zeichnen: sie variierte je nach den Umständen, dem Ort, der Einheit, den Männern und dem Einfluss ihrer Vorgesetzten und der Magistratur. Die einzelnen Haltungen konnten entweder in Richtung Zusammenarbeit oder Widerstand gehen, vor allem aber zeigen sie, dass es viel Raum für Grauzonen gab.
Während der Befreiung ist die Gendarmerie die wichtigste Einheit, das die Regierung hat. Das Korps konnte mit der vollen Unterstützung der Behörden rechnen, soweit es um Männer und Material ging. Die administrative Säuberung richtet sich schließlich nur gegen eine kleine Minderheit von "Verrätern" innerhalb des Korps. Die überwiegende Mehrheit der Truppen - und damit auch des Instituts - ist ausreichend legitimiert, um ihre Aufgaben im erneuerten Staatsapparat wieder wahrzunehmen.
Die während der Besatzungszeit durchgeführten Reformen werden zunächst rückgängig gemacht. Ab 1945 wird jedoch eine Reihe von ihnen wieder eingeführt werden. Letztlich waren die Jahre der Besatzung ein Labor für neue Ideen und beschleunigten die Einführung einer Reihe neuer Praktiken und Strukturen.
Campion, Jonas. Les Gendarmes Belges, Français et Néerlandais à La Sortie de La Seconde Guerre Mondiale. Bruxelles: André Versaille, 2011.
Van Geet, Willy. De Rijkswacht Tijdens de Bezetting 1940-1944. Antwerpen: Nederlandsche boekhandel, 1985.
Campion, Jonas, Margo De Koster, Luc Keunings, Benoît Majerus, X. Rousseaux, and François Welter. “L’appareil Policier En Belgique (1830-2010).” In Tweehonderd Jaar Justitie. Historische Encyclopedie van de Belgische Justitie. Deux Siècles de Justice. Encyclopédie Historique de La Justice Belge, by Margo de Koster, Dirk Heirbaut, and Xavier Rousseaux, 385–419. Brugge: La Charte, 2015.