Verschiedene Praktiken, Personen und Kontexte
Die Praxis des Informationsverrats ist sehr vielfältig. Nicht nur vom Besatzer visierte Gruppen, wie beispielsweise Juden, Widerstandskämpfer oder Arbeitsverweigerer werden unter anderem von Mitgliedern kollaborierender Gruppierungen verraten, sondern auch alle, die eine anti-deutsche Beleidigung äußern, das deutsche Heer beklauen oder britische Radiosender hören. Alle setzen sich dem Risiko aus, von Nachbarn, Kollegen oder Familienmitgliedern an den Besatzer ausgeliefert zu werden. Verrat ist also sicher nicht eine rein ideologisch inspirierte Straftat, sondern haftet auch bestehenden Konflikten an, bei denen sich eine der Streitparteien am Gegner rächen möchte.
Verrat durch amtliche Kontakte
Darüber hinaus kann Verrat auch einen eher amtlichen Charakter annehmen, wenn Menschen durch berufliche Verpflichtungen mit dem Besatzer in Kontakt kommen. Denken Sie dabei an einen Bürgermeister, der Listen arbeitsloser Arbeiter aus seiner Gemeinde für den Besatzer erstellt oder einen Staatsanwalt, der die Namen von bekannten Kommunisten weiterleitet. Es ist dann stets die Frage, ob der Verrat die direkte Folge eines deutschen Befehls ist oder freiwillig und mit viel Eifer den Willen und die Politik des Besatzers befriedigt.
Denunziation in der Nachkriegszeit
Denunziation sorgt bei der Bevölkerung lange Zeit für Aufregung und Kontroverse und findet wenig Gnade bei der öffentlichen Meinung. Dies äußert sich unter anderem in einer großen Anzeigebereitschaft direkt nach der Befreiung.
Doch erweist sich das Bestrafen von Verrat als problematisch. Erstens ist es oft schwierig, den Verrat selbst zu beweisen, insbesondere wenn es sich um einen mündlichen Verrat handelt oder wenn ein Verratsschreiben vom Besatzer vernichtet wurde und folglich nicht als Beweismaterial dienen kann.
Darüber hinaus muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Anzeige beim Besatzer und den Folgen davon für das Opfer nachweisbar sein, und gerade diese Folgen bestimmen das schlussendliche Strafmaß. Dadurch enden Verratsprozesse häufiger mit einem Freispruch als alle anderen Formen der Kollaboration. Die Militärgerichte können deshalb lange nicht dem Ruf der Bevölkerung entsprechen, Verräter streng zu bestrafen.
Bibliografie
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