Viele Unternehmer machen auf die eine oder andere Weise Geschäfte mit den Deutschen. Sie arbeiten direkt oder indirekt für das Besatzungsheer, für die deutsche Zivilbevölkerung oder für deutsche Unternehmen. Gemäß Artikel 115 des Strafgesetzbuches geht es dabei in den meisten Fällen um strafbare wirtschaftliche Kollaboration. In der Praxis bestehen jedoch Abstufungen in der Intensität der Kollaboration, wobei die Art der Produktion, die Behandlung der Arbeiter und das Ausmaß der Profitgier eine Rolle spielen.
Die naheliegendsten Motive, um für Deutschland zu produzieren, sind wirtschaftlich; dafür sorgen, dass der Betrieb überlebt, einen Wettbewerbsnachteil vermeiden oder einen Vorteil schaffen. Oder auch die Möglichkeit, hohe Gewinne zu erzielen und so das Unternehmen wachsen zu lassen. Belgien ist zudem von seinen normalen Exportmärkten abgeschnitten; der Export kann folglich nur nach Deutschland oder in von Deutschland dominierte Gebiete erfolgen.
Unternehmer, die aus rein politischen oder ideologischen Gründen für Deutschland arbeiten, sind folglich eine Minderheit.
Die Galopin-Doktrin bestimmt die Politik und somit auch die Restriktionen für die Produktion für Deutschland. Diese Prinzipien werden vor allem in der Schwerindustrie angewendet, viel weniger in Sektoren wie Textil. Entscheidend in der Galopin-Doktrin ist die Schaffung von Solidarität, sowohl zwischen Industriellen als auch mit den Arbeitnehmern. Gemeinsame Entscheidungen innerhalb der Branchenverbände über‚ verdächtige‘ Bestellungen sorgen dafür, dass alle Unternehmen dasselbe tun.
Diese Politik erhöht nach dem Krieg die Schwelle für die Verfolgung der Wirtschaftskollaboration zu verfolgen. Man verwendet zudem das Argument, dass eine Produktion in Belgien den Abtransport von Arbeitern nach Deutschland verhindert oder vermindert hat. Zudem verweist man auf die Unterstützung für Arbeiter, die während der Besatzung abtransportiert wurden, indem man ihnen beispielsweise extra Nahrungsmittel oder illegale Lohnerhöhungen gegeben hat. So besteht nach dem Krieg bei den Arbeitern Verständnis und selbst Unterstützung für die Produktion für Deutschland, an der sie selbst gleichermaßen ‚mitschuldig‘ waren.
Obwohl die Verfolgung der Wirtschaftskollaboration eine politische Priorität für das Militärgericht ist, werden in der Praxis lediglich die Unternehmer bestraft, die Waren mit einem militärischen Charakter geliefert haben, weiter gegangen sind als ihre Branchenkollegen, offensichtlich ausschließlich aus Profitgier gehandelt haben oder die ihre Produktion angepasst haben, um die deutsche Nachfrage zu befriedigen. Häufig handelt es sich um kleine oder mittelgroße Betriebe, die vom Besatzungskontext profitieren konnten, um rasch zu wachsen.
Luyten, Dirk. Burgers Boven Elke Verdenking? Vervolging van Economische Collaboratie in België Na de Tweede Wereldoorlog. Brussel: VUB press, 1996.
Nefors, Patrick. Industriële “Collaboratie” in België: De Galopindoctrine, de Emissiebank En de Belgische Industrie. Leuven: Van Halewyck, 2000.