Die administrative Säuberung ist eine Unterdrückungsform der Kollaboration. Es handelt sich um eine ergänzende Methode zur strafrechtlichen Unterdrückung deren Ziel es war, das Verhalten der Beamten während des Krieges zu überprüfen und eventuell disziplinarisch zu bestrafen.
Eine Säuberung doppelten Ausmaßes
Die administrative Säuberung ist eine mit doppeltem Charakter. Erstens stellt sie den Versuch dar, ein Ausnahmeverfahren zu kreieren, bleibt aber durch den normalen Disziplinarrahmen für Beamte (insbesondere das "Camu-Statut" von 1937) geprägt. Zweitens geht es hierbei um die Haltung der Beamten während des Krieges, aber auch ganz allgemein um ihre traditionellen Praktiken und Werte.
Die Hauptschwierigkeit besteht darin die Bedeutung der professionellen Zusammenarbeit zu definieren: zwischen persönlichen Überzeugungen, dem "kleineren Übel", der Legitimität, der Legalität und der Effizienz des öffentlichen Handelns. Außerdem wird der Begriff des "Staatsdieners" in einem weiten Sinne betrachtet. Dazu gehören Angestellte der zentralen, ministeriellen und lokalen Verwaltungen, von para-öffentlichen Einrichtungen, aber auch bestimmte private Vertreter, die für die Befreiung arbeiten. Schließlich schwingt sie zwischen kollektiven und individuellen Maßnahmen.
Ein Prozess mit verschiedenen Ausmaßen
Die Rechtsgrundlage für die administrative Säuberung setzt sich aus verschiedenen Dekreten zusammen. Sie basiert sowohl auf Texten aus der Vorkriegszeit als auch auf entsprechenden Gesetzen, die in London und dann in Brüssel erarbeitet wurden. Mehrere Texte trugen direkt oder indirekt zur Entwicklung dieser Bestrafungsmethode bei. Zum einen wurden bereits im Dekret vom 8. Mai 1944 über öffentliche Aufgaben bestimmte Richtlinien festgelegt.
Am 25. September 1944 wurde dann das Gesetzesdekret zur Einrichtung von Untersuchungsausschüssen in den Staatsverwaltungen verkündet. Sie bildete die rechtliche Grundlage, auf der die Säuberung vieler Institutionen beruhte. Die Kommissionen führten Untersuchungen durch und legte der Aufsichtsbehörde Stellungnahmen zum Verhalten von Beamten während der Besatzung vor. Diese entschied über die entsprechende Strafe (Gehaltseinbuße, Versetzung, Ende der Beförderung, Rücktritt, Ruhestand usw.).
Schließlich war das Gesetzesdekret vom 19. September 1945, das die bürgerliche Säuberung bestimmte durch Berufsverbote die es für Personen auf den Listen der bürgerlichen Säuberung vorsah, ein ergänzender Teil dieses gesetzlichen Rahmens.
Ab 1945 wurde die Säuberung zur Berufungssache. Dies war ein langwieriger Prozess, denn erst 1951 und dann im Dezember 1953 wurden Dekrete erlassen, die es erlaubten, gegen die verhängten Sanktionen Einspruch zu erheben.
Es ist nicht einfach, die Auswirkungen dieser Form der Säuberung zu messen. Sie ist von Institution zu Institution unterschiedlich, abhängig vom Ausmaß der verhängten Sanktionen, und muss im Lichte der Einsprüche betrachtet werden. Man darf die Identitätsfragen, die diese Säuberung mit sich bringt, ebenso wenig vernachlässigen wie ihre individuellen Folgen.
Bibliographie
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